Interview: Breidenbach studios - von kreativen Ideen kann man leben!

Seit 2011 sorgen die breidenbach studios in Heidelberg für Aufmerksamkeit. Was verbirgt sich hinter dem verlassenen Industriegebäude mit dem verspielten Konzept zwischen kreativer Arbeit, Werkschauen und ausgefallenen Partys...

„H. Breidenbach & Co. – Industriegase und Schweißtechnik“ steht auf dem Schild auf ihrer Hausfront. Seit 2011 sorgen die breidenbach studios in Heidelberg für Aufmerksamkeit. Was verbirgt sich hinter dem verlassenen Industriegebäude mit dem verspielten Konzept zwischen kreativer Arbeit, Werkschauen und ausgefallenen Partys? Nino Aderjan sprach mit Shiva Hamid, Paul Heesch und Michael Geiße in Heidelberg.

subculture: Was verbirgt sich hinter den breidenbach studios?

Shiva Hamid: Es fing an mit einer Ausschreibung für Projekte zur temporären Nutzung des leerstehenden Gebäudes. Eine Firma hatte das Gebäude gekauft, konnte es aber nicht nutzen. Da haben wir gesagt: „Okay, scheiß drauf, das ist ein super Gebäude und ein Garten, da müssen wir irgendwas machen“. 2014 wird es an die Stadt zurückgegeben.

sc: Was war euer Projektentwurf?

SH: Wir haben uns vorgestellt, dass hier ein Kreativzentrum entstehen soll. Ein Ort.

Michael Geiße: … kreativen Schaffens und kulturellen Miteinanders!

Paul Heesch: In Heidelberg gibt es wenig Freiräume. In Berlin zum Beispiel werden dir einfach irgendwelche Räume hinterher geschmissen, in denen du kreativ sein kannst. Genau das fehlt uns und soll hier entstehen: Raum für Kreative in Heidelberg, die wenig Geld haben und trotzdem arbeiten und gestalten wollen.

SH: Ein Auffangbecken für kreative Energie, die sonst verpufft oder in eine andere Stadt abwandert, nach Berlin, nach Köln, ins Ausland, sonst wo hin.

sc: Die Vielfalt der Kreativen in eurem Haus ist auffällig.

SH: Das hat sich einfach ergeben. Es gibt die sogenannten elf Branchen der Kreativwirtschaft, angefangen mit Bildender Kunst über Darstellende Kunst, also Theater und Tanz, über Design, Journalismus bis hin zu Informatik und Softwareentwicklung. Wir sind für alle diese Sparten offen.

PH: Die ersten Leute die sich gemeldet haben waren gleich diese krasse Mischung. Wenn das nicht so gewesen wäre, hätten wir wohl schon darauf geachtet aus allen Bereichen Leute zusammenkommen.

sc: Was bietet ihr den Künstlern?

SH: Hauptberuflichkeit ist uns wichtig. Kreative Arbeit ist ein Teil der Wertschöpfungskette. Wir vermitteln, stellen Kontakte her, packen mal mit an und bieten vor allem günstig Räume. Bei uns kostet ein Atelier wahrscheinlich ein Drittel von dem was Andere verlangen.

PH: Wir helfen auch bei der Einrichtung der Werkstatt und bei der PR-Arbeit. Mit den meisten ist die Beziehung sehr familiär. Der übliche Vertrag läuft dann über 6 Monate.

MG: Eines unserer Hauptanliegen ist, dass sich dabei Kooperationen ergeben. Eine unserer Künstlerinnen ist zum Beispiel für eine Softwarefirma hier im Haus akquiriert worden.

SH: Jetzt muss sie nicht mehr Kellnern um sich mit ihrer Kunst über Wasser zu halten. Für mich ist der Punkt sehr wichtig: Man kann mit und vor allem von kreativen Ideen leben! Nicht nur: „Der macht coole Sachen nebenher, aber eigentlich ist er Busfahrer“.

sc: Wie komme ich als Kreativer an eines eurer Studios?

SH: Stellt euch bei uns vor, schreibt uns eine E-Mail. Meistens ergibt es sich ziemlich schnell. Zum Mai wird ein Raum frei, und man kann man sich noch bewerben.

sc: Ihr seid andererseits auch Veranstalter. Seid ihr ein Club?

SH: Wenn man an einer gewöhnlichen Galerie vorbei läuft ist es meistens leer…

PH: Man geht in Ausstellungen ja auch wegen dem sozialen Moment: Kunst gerne, aber ich will ja auch jemandem zeigen, dass ich mich für Kunst interessiere. Wir bieten hier die Möglichkeit Werke auszustellen und durch die Partys gleichzeitig ein Publikum. Wir sind kein klassischer Veranstaltungsort, aber die Partys sollen die Leute inspirieren. Die Partys sind nicht nur ein Mittel zum Zweck.

sc: Funktioniert die Vernissage parallel zur Party?

SH: Eigentlich ist es schade wenn ein Künstler nur an dem einen Abend zu sehen ist. Langfristig ist geplant, dass die Kunst auch zwischen den Terminen zu sehen ist und man hier montags bis freitags reinkommen kann.

PH: Wir müssen uns erst mal noch etwas besser aufstellen, das fängt mit der Reparatur der Heizung an. breidenbach Phase 2 wird dann ein Ort mit viel mehr Durchlauf, eine tägliche Begegnungsstätte. Im Sommer reißen wir hier die Türen auf!

sc: Was passiert im Frühjahr und Sommer in den breidenbach studios?

SH: Wir haben eine Kooperation mit dem studentischen Kunstverein Art van Demon und planen im Sommer einen großen Skulpturengarten. Auch zur Langen Nacht der Museen im April werden wir hier Künstler präsentieren. Dann noch die „formschau“, ein zweitägiges Designfestival in Mannheim und Heidelberg vom 20.-21. April. Außerdem planen wir ein Festival: „Heidelberger Sommer“ statt Heidelberger Herbst. Ein alternatives Festival mit künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten auf dem gesamten Grundstück – also auch im Garten.

sc: Was ist langfristig geplant?

PH: Unser Ziel ist, in den drei Jahren ein Feuer zu entfachen, das in Heidelberg lodert! Im Moment wird im Gemeinderat über die Zukunft der Alten Feuerwache diskutiert. Wir könnten uns vorstellen dort weiterzumachen.

E-Mail: info@breidenbachstudios.de / www.breidenbachstudios.de / www.formschau.de

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