Interview: Illiterat
Illiterat ist eine regionale Rap-Crew bestehend aus den MCs Barde und ThoR. Gemeinsam aufgewachsen, ist ihre Musik das unvermeidbare Produkt von Freundschaft und ihrer starken Bindung zur Hip Hop Kultur. Illiterat existiert seit 1998 und kommt erst jetzt langsam aber sicher aus den Schatten getreten, um dem ein oder anderen durch gradlinige Reime auf satten Beats die Leviten zu lesen.
Was bedeutet „Illiterat“? Hat das was mit Krankheit zu tun?
Gewissermaßen ja. Eigentlich leitet es sich vom englischen Wort „illiterate“ ab, welches bedeutet, nicht lesen oder schreiben zu können, ergo ungebildet zu sein. Wir sind von schlichtem Geist. Aber klar, irgendwo sind wir auch die illen Literaten wenn man so will.
Ihr bezieht Euch in den Lyrics oft auf „74“. Was ist 74?
Illiterat hat seinen Ursprung in Eschelbronn und 74 sind die ersten beiden Ziffern der Postleitzahl der Region aus welcher wir kommen. Die Zahl repräsentiert also in erster Linie alle Dörfer in dieser Gegend und somit die zahlreichen Künstler, Homies und Supporter, die diesen entstammen. 74 steht für Herkunft, Identität, Authentizität und gemeinsame Vergangenheit. Für Familie und Freundschaft. Einfach für all das, was man nie vergessen sollte.
Ihr kommt ursprünglich vom Dorf. Ist es schwer, da mit Hip Hop und Rap durchzustarten?
In der Intensität wie wir es betrieben haben war es schon eher exklusiv. Es gab nicht viele die verstanden haben was wir tun. Wenn man „anders“ ist muss man sich immer durchsetzen, aber das fanden wir eigentlich ganz geil. Andererseits geschieht das ja nicht von heute auf morgen. Als wir 13-14 Jahre alt waren gab es noch so gut wie nichts im Internet, man musste sich alles in den Städten holen. Platten, Tapes, Dosen, Infos… Alles. Auf dem Dorf einer Subkultur wirklich anzugehören erfordert ein größeres Engagement und schafft dadurch vielleicht eine stärkere Verbindung. Und wenn man sieht, wie sich ein Teil der „Szene“ heute von der Straße in verschiedene Online-Foren verlagert hat, ist es gut, mal dafür gekämpft zu haben. Was wir immernoch tun. Und dadurch repräsentieren wir 74 konsequent.
Ihr wohnt jetzt in Heidelberg und Mannheim. Was haltet Ihr von diesen Städten im Bezug auf Rap?
Beide Städte sind ideale Nährböden. Die Heidelberger Hip Hop Geschichte spricht natürlich für sich, hier ist einiges entstanden als Hip Hop in Deutschland in der Geburtsphase steckte. Die Heidelberger Szene ist sehr breit, in letzter Zeit mehren sich Artists und Veranstaltungen, hier geht im Moment sehr viel. Qualitativ lässt das unserer Meinung nach zwar teilweise zu wünschen übrig, aber vital ist die Szene sowohl in Heidelberg als auch in Mannheim. Rap ist Competition. Früher oder später wird daraus wieder Großes hervorgehen.
Woraus schöpft Ihr eure Inspiration?
Inspiration hört sich immer so nach Kunst an. Man entscheidet sich nicht dafür, Rap jetzt als Medium zu wählen. Man überlegt nicht, welche Thematik man aus welchem Grund wählt. Das findet einen. Man schreibt Raps, weil man Probleme hat und sein Leben irgendwie verarbeiten muss. Das soll nicht depri klingen, aber so ist es. Man schreibt eigentlich meist über Sachen, die aus dem Kopf wollen. Alles was der Alltag birgt, wie in ein Tagebuch. Inspirierend ist da nur andere Musik oder eben Beats, die bestimmte Gefühle transportieren und freisetzen.
Nehmen wir Untergrund und Mainstream als Gegenpole- wohin wollt Ihr mit eurer Musik?
Orientiert sind wir definitiv an ersterem. Aber wir sind noch am Anfang einer Entwicklung, welche nicht abzusehen ist. Wir möchten, dass uns so viele wie möglich kennen, möchten mehr Auftritte haben, mehr releasen. Am wichtigsten ist es uns aber, keine Entscheidungen aus der Hand zu geben und alles auf Homie Basis zu regeln. Wenn die Skillz stimmen kommt man damit weiter als man denkt… Wir werden nicht vergessen woher wir kommen und werden uns nicht verändern. Allein das macht uns wahrscheinlich nicht sehr tauglich für die breitere Masse.
Was sind die nächsten geplanten Schritte und Releases?
Wir haben nun 2 Alben am Start, mit denen wir eine prächtige und bereits mehrmals erprobte Basis für Live Auftritte haben. In diesem Bereich so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln ist unser unmittelbarstes Ziel. Wir haben gerade Bock ein Album auf bekannte Ami-Beats zu machen, welche uns geprägt haben. THoR plant eine Feature-Ep mit Furb Mc. Barde droppt sein lang geplantes Solo-Album „Freier Stil“ und das „Kettengassen Tape“ mit dem Produzenten Benn Gunn aus Heidelberg. Da kommt also noch einiges dieses Jahr.
Möchtet Ihr zum Abschluss noch etwas sagen?
74!
Die Alben findet ihr unter:
http://illiterat74.bandcamp.com/
Link zur FB- Page:
https://www.facebook.com/pages/Illiterat/484053938343572
Bilder: Federgrafie
Text: JH