Interview Her mit dem schönen Leben!
Auf Rügen findet vom 23. bis 25. Mai zum ersten Mal das Her Mit Dem Schönen Leben Festival am Strand von Prora statt. Wir sprachen mit den Veranstaltern um heraus zu finden, welche Motivation sie zu diesem Schritt veranlasst hat und um die Besonderheit der Location und die damit verbundenen Herausforderungen genauer unter die Lupe zu nehmen.
Wie kam es zu der Idee ein weiteres Festival in´s Leben zu rufen und was macht den Unterschied zu den bekannten Formaten aus?
Die Idee, ein Festival zu machen, bestand eigentlich schon recht lang. Wir sind alle schon seit Jahren im Nachtleben aktiv und machen eigene Veranstaltungen. Dadurch konnten wir ein ziemlich großes Netzwerk aufbauen. Schließlich kam irgendwann der Punkt, an dem wir uns dachten: Hey, warum nicht all die vielen verschiedenen Künstler, Crews und Labels, die wir so sehr schätzen, unter einen Hut bringen und eine gemeinsame große Sache starten? Wir haben dann den entsprechenden Leuten von unserer Idee erzählt und – siehe da! – wir mussten gar nicht viel Überzeugungsarbeit leisten. Insofern ist es sicherlich die bunte Mischung an Leuten, die hinter dem Festival stehen, und das – für ein Festival – nicht ganz „klassische“ Line up, die „Her mit dem schönen Leben“ zu etwas Besonderem machen. Ganz zu schweigen von der Location natürlich.
Ihr habt ja mit Prora eine sehr spezielle Location für das HMDSL gefunden. Wie kamt Ihr zu diesem Ort? Gab es dadurch Besonderheiten bei der Planung?
Prora ist, nicht nur wegen seiner Vergangenheit, ein faszinierender Ort. Die Mischung aus geschichtlich aufgeladenen Gebäuden, den Wäldern und dem Strand direkt vor der Festivalhaustür machen den Ort einzigartig. Gerade die umgebende Natur ist es aber auch, die uns vor besondere Herausforderungen stellt. Die Gegend um Prora ist ein Naturschutzgebiet und – wer schon einmal dort war, weiß das – eine echte „Perle“ der Natur. Deswegen sind wir natürlich auch in der Verantwortung, dafür zu sorgen, dass wir das Gelände so zurücklassen, wie wir es vorgefunden haben. Die einmalige Naturkulisse soll nicht unter unserem Festival leiden. Das Festival findet auf dem Gelände der Jugendherberge Prora statt. Mit der JH arbeiten wir eng zusammen, um einen verantwortungsvollen Festivalbetrieb gewährleisten zu können. Die Nähe zum Nachbarort Binz ist dann natürlich auch noch so eine Sache: Wir müssen natürlich Rücksicht auf unsere Nachbarn nehmen, das ist etwas anderes, als wenn wir mitten auf weiter Flur ganz alleine feiern. Aber auch da haben wir Lösungen gefunden, damit wir niemandem auf den Wecker gehen und wir ganz ungestört das schöne Leben zelebrieren können.
Wie ist Eure Einstellung zum Thema der historischen Befangenheit des Geländes?
Prora stellt mit seiner Entstehung unter der Nazi-Diktatur und seiner späteren Nutzung durch die sowjetische Besatzungsmacht und die NVA ein schwieriges Erbe dar. Eine riesige architektonische Hinterlassenschaft mit einer wechselvollen Geschichte. Aber gerade weil Prora historisch „vorbelastet“ ist, denken wir, dass es an unserer Generation ist, diesen Ort mit Positivem zu verknüpfen, ihn neu zu erleben. Aber ein Festival dieser Art kann nur funktionieren, wenn wir bewusst mit der Vergangenheit umgehen, aufklären und ein Bewusstsein dafür schaffen, was für ein Ort das einmal war, an dem wir heute feiern können. Die Vergangenheit darf nicht vergessen sein – wir wollen Prora nicht „überschreiben“. Ein Anliegen, das uns besonders am Herzen liegt und von dem wir denken, dass wir verpflichtet sind, ihm nachzukommen.
Neben dem musikalischen Programm kann man sich ja bei Führungen und Filmvorstellungen auch weiterführend über den Ort informieren. Wie genau gestaltet sich dieses Programm inhaltlich?
Da wir ja nicht allwissend sind und erst recht nicht qualifiziert genug sind, um diese Aufklärungsarbeit selbst zu leisten, haben wir das Prora Zentrum ins Boot geholt. Der Verein beschäftigt sich schon seit Jahren mit der Aufarbeitung der Vergangenheit von Prora, forscht und leistet Bildungsarbeit. Während des Festivals sind an zwei Tagen sowohl Filmvorführungen als auch kostenlose Führungen über das Gelände (d.h. abseits des Festivals) geplant, die von Mitarbeitern des Prora Zentrums angeboten werden. So haben die interessierten Festivalgäste die Chance, den Ort kennen und verstehen zu lernen – und das aus fundierter Quelle. Außerdem betreibt das Prora Zentrum noch ein Museum auf dem Gelände, direkt neben der JH, das natürlich auch allen offen steht.
Besonders dafür das es eine Premiere ist, habt Ihr ja ein beachtliches Lineup auf die Beine gestellt. Welche Faktoren haben bei der Auswahl der Bookings für Euch eine Rolle gespielt?
Wir haben Wert drauf gelegt, eben nicht nur das gängige Festival-Line up, das man den ganzen Sommer über zu hören bekommt, zusammenzustellen. Wir wollten ganz bewusst auch Künstler buchen, die man nicht zwingend mit Festivals verbindet. Also haben wir unsere Fühler ausgestreckt und so eine – wie wir finden – ganz spannende, neue Mischung bekommen. Neben den großen Namen der Szene, die natürlich nicht fehlen dürfen, sind es vor allem auch unsere Partner, die viele talentierte Acts mitbringen, die man vielleicht noch nicht von den Parties der letzten Sommer kennt. Und genau das ist ja auch das Schöne an einem Festival: Die Gelegenheit zu haben, über Musik und Künstler zu „stolpern“, die man noch nicht kannte und sie für sich zu entdecken…