Hack Hack Hurra!

Aus dem Tagebuch eines Guerilla-Gourmets

„Die machen Burger, so was hast du noch nicht gesehen! Drei Finger dick die Bulette, alles frisch zubereitet, mit Pommes und das Ganze zum Schnäppchenpreis. Aber nur donnerstags.“

Ich lausche den Worten und kann es kaum glauben. Ich will ihn haben, diesen Hack gewordenen Traum, jetzt! Entnervt von 1€-Franchise-Einerlei suche ich seit Monaten einen Burger der etwas taugt, am liebsten rosig gebraten und so richtig lecker. Gesagt, getan. Am nächsten Donnerstag schwinge ich mich aufs Rad und mache mich auf den Weg - querfeldein durch die Heidelberger Peripherie, bis ich endlich vor dem sagenumwobenen Wirtshaus ankomme. „Sieht eher nach Maggi-Fix für Jägerschnitzel und Kroketten aus…“ denke ich, während ich mir den Weg durch Ritterrüstungen und Eiche-Rustikal-Mobiliar bahne. Ich nehme Platz, schaue auf die Karte und da steht’s: „Heute Happy-Hacky-Day“. Was für eine famose Wortkreation, Denglisch vom Feinsten. Die Entscheidung ist schnell getroffen: der Berlin Burger soll es sein, doppelstöckig mit Spiegelei. Eine halbe Stunde vergeht und der Magen knurrt. Plötzlich das Schellen der Küchenglocke. Ich blicke auf und was ich sehe sorgt für ein Höchstmaß an „Happy-Hackyness“ in meinem Herzen. Der tatsächlich größte und höchste Hamburger den ich jemals gesehen habe, steht vor mir auf dem Tisch - duftend und wunderschön. Erst versuche ich es mit den Händen, dann mit Besteck. Alles tropft und zerfällt, mein Gesicht ist verschmiert wie das eines Kindes das mit einer viel zu großen Eistüte kämpft. Macht nichts, es schmeckt fantastisch. Mit Mühe und Not gelingt es mir alles aufzuessen, auch die Pommes und den Salat. Das war es, was ich gesucht habe. Danke liebe Annika, die du mir diesen köstlichen Tipp gegeben hast. Hack-Hack-Hurra! Satt und zufrieden rolle ich mit meinem Rad den Weg hinunter ins Neckartal und fühle mich, als hätte ich auch ohne Fahrrad zurückrollen können. Endlich habe ich ihn gefunden, den Burger den ich seit dem letzten Trip in die USA auch in meiner Heimat gesucht habe!

Überwältigt von dem Erfolg meiner „Schmatzsuche“ erzähle ich in den nächsten Tagen jedem noch so entfernten Bekannten von der entdeckten kulinarischen Kuriosität. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Kunde vom Hack und es scheint mir als wären alle auf der Suche nach dem perfekten Hamburger gewesen. Ja, ein verfressenes Pack, mein Freundeskreis. Im Tausch gegen die wertvolle Information hagelt es nur so an Insidertipps. Die wagenradgroße Pizza mit Büffelmozzarella, angeblich die Beste nördlich der Alpen. Spareribs in der Imbissbude hinter der Kaserne, die Portion größer als sie der kräftigste amerikanische Soldat verdrücken kann. Gebratene Entenbrust thailändische Art in der Sportgaststätte, leckerer als in den Garküchen Koh Phangans. Ich kann mir unmöglich alles merken, aber es klingt sensationell. Um den Überblick nicht vollends zu verlieren schmeiße ich den Rechner an, gründe schnell eine dieser sonst vollkommen sinnentleerten Facebookgruppen und lade jeden ein, der mir in den letzten Tagen etwas von seinem Lieblingslokal erzählt hat.

Als ich ein paar Tage später wieder online bin, traue ich meinen Augen kaum. Es wimmelt förmlich vor Mitgliedern und jeder weiß, was wo lecker schmeckt, hat eine Meinung oder Anekdote beizutragen, will da mal hin, oder kann es schlicht kaum glauben. Gerade in einer Touristenhochburg wie Heidelberg, in der Gastronomen auf Laufkundschaft lauern, nur um sie dieses eine Mal schnell, überteuert und wahlweise geschmacksverstärkt oder geschmacksneutral abzufertigen scheint jeder auf der Suche zu sein, nach dem einen Imbisswagen: dem mit der besten Currywurst der Welt. Mittlerweile ist aus dieser kleinen Tipp-Gemeinschaft ein echter Essensstammtisch geworden. Einmal im Monat trifft sich der Fressmob, wie ich ihn zärtlich nenne, und folgt einer Empfehlung aus der Gruppe. Dann sammeln sich zwanzig, dreißig ja manchmal fünfzig Guerilleros, und machen sich gemeinsam auf den Weg zum Gaumenschmaus. Dann sind wir wieder auf der Suche nach dem leckersten, authentischsten und kuriosesten Essen an versteckten Orten. Leckereien, die mit Liebe und Leidenschaft zubereitet werden, dort wo niemand es erwartet und niemand sich vom Glitzern der Michelin-Sterne blenden lässt. Es wird geschlemmt, gequatscht, getrunken und natürlich tauscht man sich aus, wo es das knusprigste Backhähnchen gibt. Denn echtes Soul Food muss man suchen und es kostet nicht die Welt.

 

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Rebecca Neff